Projekt Beschreibung

Zum Nachweis des Ausschlussgrundes einer Bewusstseinsstörung in der privaten Unfallversicherung

LG Berlin, Urteil vom 05.05.2022, Az.: 4 O 298/21

Die private Unfallversicherung beinhaltet regelmäßig einen Ausschluss für Versicherungsschutz, sofern der Unfall auf einer Bewusstseinsstörung beruht. Das Landgericht Berlin hatte sich mit der Frage des Nachweises der Voraussetzungen des Risikoausschlusses Bewusstseinsstörung bei einem Unfall im häuslichen Bereich zu befassen. Der Versicherungsnehmer konnte sich an die näheren Umstände des Sturzereignisses nicht erinnern. In seiner Unfallmeldung hatte er gegenüber dem Versicherer angegeben, er sei aus ihm unbekannten Gründen plötzlich gestürzt. Im Arztbericht des Krankenhauses hieß es, der Patient sei synkopiert und auf den Hinterkopf gestürzt.

Die Entscheidung des LG:

Die Klage des Versicherungsnehmers blieb erfolglos. Das Landgericht führte in den Entscheidungsgründen aus, dass es davon überzeugt sei, dass der Sturz ursächlich auf eine Bewusstseinsstörung zurückzuführen sei. Das Unfallereignis liege zwar vorliegend darin, dass der Kläger durch das Aufschlagen des Kopfes auf den Boden eine Verletzung erlitten habe und der Aufschlag an sich als Unfallereignis angesehen werden könne. Allerdings bestehe Versicherungsschutz nur dann, wenn vorliegend die Verletzung – wie vom Kläger jetzt angenommen – aufgrund eines Sturzes über den Staubsauger, der zum Fallen auf den Hinterkopf führte, verursacht worden sei und nicht durch die ebenfalls im Raum stehende plötzlich auftretende Ohnmacht des Klägers. Wäre der Fall des Klägers durch den Staubsauger (etwa Stolpern) verursacht worden, so lege ein versichertes Ereignis vor, sollte dies nicht der Fall sein, sondern eine Ohnmacht zum Sturz geführt haben, so liege kein versichertes Ereignis vor. Der Versicherer habe nachgewiesen, dass das Unfallereignis durch eine Bewusstseinsstörung (Ohnmacht) und nicht durch ein Stolpern über einen Staubsauger verursacht worden sei. Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass der dortige Versicherungsnehmer selbst nur vermute, dass er über den Staubsauger gestolpert sei. Auszugehen sei im Hinblick auf die dokumentierten Angaben des Versicherungsnehmers unmittelbar nach dem behaupteten Sturzereignis gegenüber den Sanitätern und erstbehandelnden Ärzten im Rahmen des Krankentransports und des Klinikaufenthaltes, wie auch aufgrund des Umstands, dass der Versicherungsnehmer diese Schilderung auch in der Unfallanzeige gegenüber dem Versicherer abgegeben habe und im Hinblick darauf, dass sämtliche zeitnah erstellten und vorgelegten Behandlungsunterlagen durchgängig als Ursache des Sturzes eines Synkope angegeben werden, von einer Ohnmacht. Entscheidend sei zu berücksichtigen, dass der Versicherungsnehmer wie auch seine Ehefrau im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Sturz zunächst keinerlei Angaben zu einem Sturz über einen Staubsauger gemacht hätten. Insoweit sei auf das erste Verhalten des Versicherungsnehmers nach dem Sturz abzustellen, der offensichtlich selbst von einer Ohnmacht ausgegangen sei und nicht von einem Sturz über den Staubsauger.

Anmerkung hierzu:

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Ausschlusstatbestandes – wie hier der Bewusstseinsstörung – hat der Versicherer. Grundsätzlich gilt, dass von einer Bewusstseinsstörung auszugehen ist, wenn die Gesundheitsbeeinträchtigung den Versicherten außer Stande setzt, die Gefahrenlage zu beherrschen und es infolgedessen zu einem Unfall kommt. Die Bewusstseinsstörung muss den Unfall verursacht haben. Praktisch besonders bedeutsam ist die Bewusstseinsstörung Trunkenheit. Das Urteil des Landgerichts Berlin zeigt, dass für die Überzeugungsbildung des Gerichts, ob tatsächlich der Ausschlusstatbestand der Bewusstseinsstörung erfüllt ist, das Geschehen unmittelbar nach dem Unfallereignis maßgeblich sein kann und die Behandlungsunterlagen der Erstbehandler von besonderer Bedeutung sind. Sie sollten deshalb darauf achten, dass die ärztliche Dokumentation sorgfältig und zutreffend ist.