OLG Saarbrücken, Urteil vom 07.07.2021, Az. 5 U 17/19 – BU bei befristeter Tätigkeit

Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat mit Urteil vom 07.07.2021 festgestellt, dass in dem zu entscheidenden Fall eine befristete Tätigkeit die Lebensstellung nicht prägt, sondern maßgebend sei die Stammtätigkeit.

Die Versicherungsnehmerin begehrte Leistungen aus der bei der beklagten Versicherung abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung aufgrund rheumatischer Erkrankungen. Die Versicherungsnehmerin wechselte aufgrund der Kindererziehung nach der Elternzeit befristet in eine neue Tätigkeit, um Schichtarbeit zu vermeiden. Eine Rückkehr in die ursprüngliche Tätigkeit an der Ein- und Ausgangswaage für Lkws war fest eingeplant. Diese Tätigkeit hatte die Versicherungsnehmerin zuvor mehrere Jahre ausgeübt. Die befristete Tätigkeit war speziell für die Klägerin geschaffen worden.

Im Rahmen dieses Rechtsstreits war nun zu klären, auf welche Berufsausübung bei der Bewertung der streitgegenständlichen Berufsunfähigkeit abzustellen sei. Da die jeweiligen Tätigkeiten unterschiedlich körperlich belastend waren und sich insoweit auch unterschiedlich auf die Erkrankungen der Versicherungsnehmerin auswirken konnten, war die Bewertung hierzu von Bedeutung.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken führt in den Entscheidungsgründen aus, dass die Tätigkeit in der Verwaltung von Anfang an nur befristet und extra für die Versicherungsnehmerin geschaffen worden war und somit auch nicht geeignet sei, die Lebensstellung der Klägerin zu prägen. Wie diese Tätigkeit ausgestaltet war, würde insoweit keine Rollen spielen; Grundlage der Frage, ob Berufsunfähigkeit vorliegt oder nicht, sei die „Stammtätigkeit“ an der Ein- und Ausgangswaage für Lkws.

Im Rahmen dieses Rechtsstreits wurde im Übrigen dann ein Gutachten erholt und der Gutachter konnte auch zu dieser Tätigkeit eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht feststellen.

Anzumerken ist hierzu, dass die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit Grundlage der Leistungsprüfung ist. Eine Befristung der Tätigkeit steht dem grundsätzlich nicht entgegen. Anders kann es sich verhalten, wenn nur eine Unterbrechung vorliegt und für einen befristeten Zeitraum eine andere Tätigkeit aufgenommen wird.

In dem vorliegenden Fall hat die Klägerin bereits ein Jahr in der neuen, befristeten Tätigkeit gearbeitet. Aufgrund der Befristung und der extra geschaffenen Überbrückungsstelle hat das OLG Saarbrücken dennoch diese Tätigkeit als nicht prägend angesehen.

Es gibt auch weitere Ausnahmen, bei welchem eine neue Tätigkeit die Lebensstellung noch nicht prägen kann. In diesen Fällen kann die zuvor ausgeübte Tätigkeit als sogenannte Stammtätigkeit die Lebensstellung immer noch prägen und Grundlage der Leistungsprüfung sein. Indizien für eine noch nicht prägende Tätigkeit sind dabei zum Beispiel eine nur sehr kurze Zeit zwischen Aufnahme der Tätigkeit und Eintritt der Beschwerden, die speziell vom Arbeitgeber geschaffene Tätigkeit zur Überbrückung oder Verlegenheitstätigkeiten. Eine bestehende Arbeitslosigkeit im Zeitpunkt der Erkrankung steht der Geltendmachung von BU-Leistungen per se nicht entgegen.