Projekt Beschreibung

Fahrstreifenwechsel und Richtgeschwindigkeit

OLG München, Urteil vom 01.06.2022, AZ. 10 U 7382/21

Das OLG München hatte über einen Verkehrsunfall zu urteilen, wie er häufig vorkommt.

Der Kläger befuhr mit seinem Pkw die linke Fahrspur der Autobahn. Auf der mittleren Fahrspur fuhr der Beklagte mit seinem Wohnmobil. Er wechselte auf die linke Fahrspur, wo es dann zu dem Verkehrsunfall kam.

Im Rahmen des Rechtsstreits wurde ein unfallanalytisches Gutachten beauftragt und hier wurde festgestellt, dass der Kläger eine Kollisionsgeschwindigkeit innehatte von ca. 200 km/h. An der Unfallstelle galt eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h.

Das OLG München führt im Rahmen der Haftungsabwägung aus, dass die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf der Autobahn die Unabwendbarkeit des Unfallgeschehens nicht grundsätzlich ausschließt. In dem vorliegenden Fall habe der Gutachter jedoch festgestellt, dass der Kläger bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit das Unfallgeschehen hätte vermeiden können. Hinzukomme, dass bei deutlicher Überschreitung der Richtgeschwindigkeit die Betriebsgefahr zu Lasten des schuldlos an einem Verkehrsunfall Beteiligten zu berücksichtigen wäre und eine eklatante Überschreitung betriebsgefahrerhöhend zu berücksichtigen sei. Diese Betriebsgefahr würde dann auch nicht vollständig hinter dem Verstoß des Beklagten (gegen die ihm obliegenden und hohen Sorgfaltsanforderungen beim Fahrspurwechsel gem. § 7 Abs. 5 StVO) vollständig zurücktreten. Der Kläger habe sich insoweit eine Mithaftung von 25 % entgegenhalten zu lassen.

Das OLG München reiht sich mit dieser Entscheidung ein in die ganz herrschende Rechtsprechung, wonach sich eine eklatante Geschwindigkeitsüberschreitung der Richtgeschwindigkeit betriebsgefahrerhöhend auswirkt.